Anfälligkeit für Grenzverletzung

Heilpraktikerin Weinheim Petra Weiß Traumatherapie

Wundern Sie sich manchmal, warum es ausgerechnet Ihnen so schwerfällt, andere zu stoppen, die munter über Ihre Grenze hinwegschreiten? Halten Sie das für eine Charakterschwäche, über die Sie sich ärgern müssen? Ich denke nein. Grenzen zu setzen ist eine Übung für Fortgeschrittene. Zudem ist es ein Phänomen unserer Zeit, dass Grenzüberschreitungen an der Tagesordnung sind und kaum jemand damit angemessen umgehen kann. Daher widmen wir uns dem Thema in mehreren Beiträgen ausführlich. Dies ist Teil 2 der Reihe. Teil 1 ist unter dem Titel „Gesunde Grenzen setzen“ erschienen und beleuchtet das Thema Grenzsetzung aus traumatherapeutischer Sicht. Ein dritter Beitrag mit (Selbsthilfe-)Maßnahmen aus der Elemente-Balance, aus dem Enneagramm und aus der Schatzkiste der Bachblüten und des Jin Shin Jyutsu ist geplant.

Heute wollen wir uns mit der Frage befassen, ob manche Menschen von Natur aus anfälliger für Grenzverletzungen sind oder ob es bestimmte Erfahrungen gibt, die eine Anfälligkeit für Grenzüberschreitungen begünstigen. Die Antwort auf diese Frage lautet: JA. Beides kann der Fall sein. Lassen Sie uns die Ursachen und Gründe näher beleuchten.

Zum einen gibt es Faktoren, die unsere angeborene Konstitution betreffen. Da ich mich im Koordinatensystem der Elemente-Balance und des Enneagramms zuhause fühle, verwende ich diese Betrachtungsweisen.

ENNEAGRAMM-Sicht auf Grenzen

Die Typenmuster des Enneagramms habe ich an anderer Stelle ausführlich beschrieben. Hier will ich nur auf ein paar Persönlichkeitsstrukturen eingehen, die das Abgrenzen erschweren. Wir haben uns alle unseren Typ nicht ausgesucht. Insofern gibt es nichts zu bereuen und sich auch nicht zu verurteilen, wenn man zu einem der Typen gehört, über die ich im Folgenden schreiben werde.

Während der Typ EINS (der Reformer) es leicht hat, richtig und falsch zu unterscheiden, tut er sich doch schwer damit, seine Ansichten mit der angemessenen Durchsetzungskraft zu vertreten. Dieser Typ ist sehr kultiviert. Auf gar keinen Fall will er seinen Emotionen freien Lauf lassen. Er spürt, wie überaus zornig er darüber ist, dass andere sich nicht an Regeln halten, und fürchtet (zu Recht), die Contenance zu verlieren. So ein Kontrollverlust ist das schlimmste, was er sich vorstellen kann. Weil er aus dem Affekt heraus etwas sagen oder tun könnte, das er später bereut. Bloß keinen Fehler machen! Das ist seine Devise.

Er fühlt sich zwar im Recht, setzt sein Recht aber oft nicht durch. Im Nicht-Reagieren droht er zu erstarren und lässt sich viel zu viel gefallen bis ihm endlich die Hutschnur platzt. Seine durchaus ehrenwerte Rücksichtnahme lädt rücksichtslose Zeitgenossen zu Grenzverletzungen geradezu ein. Die Täter können sich darauf verlassen, dass – egal wie unmoralisch und gesetzlos sie handeln – er sich seinerseits stets innerhalb der rechtlichen und moralischen Grenzen bewegen wird. Zwar hat er Rachegelüste, gibt ihnen aber nur in seiner Phantasie nach. Kleinkarrierte Zaunkriege kosten ihn unnötig viel Energie. Vielleicht kennt er von früheren Ausbrüchen seine Tendenz, ins Drama (sein Stresspunkt: die VIER) abzugleiten. Daher bemüht er sich, sachlich zu bleiben. Was grundsätzlich gut und richtig ist. Typgerecht ist die eindeutige und beharrliche Abgrenzung in sachlichem Ton vor dem Hintergrund von klaren Regeln, z.B. gesetzlichen oder vertraglichen Vereinbarungen, am besten schriftlich und notfalls unter Zuhilfenahme eines Juristen.

Menschen im Persönlichkeitsmuster ZWEI (der Helfer) erleben Konflikte beziehungsbezogen, können sich gut in ihr Gegenüber hineinversetzen und sind bemüht, es den anderen recht zu machen. Dabei geraten ihre eigenen Interessen nur allzu leicht in den Hintergrund. Sie wollen unbedingt gemocht/geliebt werden, schlimmstenfalls egal von wem, und tun alles, um Beziehungen aufrechtzuerhalten, selbst wenn sie ihnen ganz offensichtlich schaden. Mit ihrer durchaus ehrenwerten Freundlichkeit laden sie Gesellen, die sich ihnen mit gar nicht freundlichen Absichten nähern, zu Grenzverletzungen ein. Sich in seiner emotionalen Reaktion dem anderen anzuvertrauen ist grundsätzlich nicht falsch. Es kommt halt auf die Qualität der Beziehung an, ob so ein offener Austausch angemessen und zielführend ist.

ZWEIer sind die Lieblings-Opfer von Narzissten. Bei ihnen können sie sich darauf verlassen, dass sie stets bereit sind, auch die bescheuertsten Ausreden dankbar hinzunehmen und beim geringsten Anzeichen von Reue sofort zu vergeben. Falls es endlich doch zum Streit kommen sollte, lässt sich eine ZWEI mit etwas geschickter Manipulation rasch erweichen, so dass sie die Schuld auf sich nimmt. Vermutlich ist sie es, die in der Regel einlenkt. Sie hat unendlich viel Mitgefühl mit dem Täter und vergisst dabei, dass sie unter seinen Angriffen und Eskapaden leidet. Grenzen, die sie einmal gesetzt hat, verteidigt sie nicht oder nur halbherzig und nimmt sie notfalls auch zurück. Für seine Liebe (und für Beziehungen im Allgemeinen) muss man bereit sein, einiges zu opfern. So ist ihr Kredo. Dass diese lasche Haltung gerne ausgenutzt wird, versteht sich von selbst.

Helfer-Typen werden mit Salamitaktik erst zermürbt und dann Schachmatt gesetzt. Bevor sie sich immer wieder auf den Konflikt einlassen, kapitulieren sie irgendwann vor den nicht endenden Grenzverletzungen. Möglicherweise reden sie sich die Situation schön oder sie finden darin einen esoterischen Sinn. Statt für sich und ihre Bedürfnisse einzustehen. Selbstfürsorge ist ihre Lebensaufgabe. Beim Setzen von Grenzen wäre es typgerecht, nach der Art der Beziehung, des Konfliktes und der Situation zu differenzieren, ob ein persönliches Gespräch erfolgversprechend ist. Leider kann man nicht mit allen Menschen im offenen Dialog jede Unstimmigkeit klären. Und das braucht man auch nicht.

Manchmal sind Taten wirksamer als Worte. Helfer tun sich sehr schwer damit, selbst Hilfe anzunehmen. Daher brauchen sie ein waches Auge darauf, wann man sich Unterstützung von außen dazuholen muss, z.B. einen Rechtsanwalt. Sie brauchen ein Bewusstsein dafür, was sie bereits für die Verbindung geopfert haben und müssen sich der Frage stellen, ob sie weiterhin Abstriche bei ihren berechtigten Grenzen machen wollen, nur um die Beziehung am Laufen zu halten. Sie sollten sich für die Möglichkeit öffnen, notfalls auf eine toxische Freundschaft oder Liebesbeziehung zu verzichten, auch wenn es schwerfällt.

Die VIER (die Besondere) liebt das Drama. Sie wird (unbewusst) alles tun, um keine klaren Verhältnisse zu schaffen. Das Treffen von eindeutigen Vereinbaren entspricht nicht ihrer Art. Daher kommt es sehr oft zu objektiven oder subjektiven Grenzverletzungen. Ob die VIER das wirklich vermeiden möchte? Nun ja… Falls doch, ist es nicht so schwer, durch ein wenig Veränderung in der Kommunikation schon recht gute Resultate zu erzielen. An der Klarheit der Vereinbarungen kann man arbeiten.

Wichtig ist, dass es ihr bewusst wird, was sie selbst zu der Grenzüberschreitung beiträgt. Sie neigt sonst dazu, sich in der Rolle der Leidenden wiederzufinden. Da ihr Leben aus sehr vielen Höhen und Tiefen besteht, erwartet die VIER, dass ihr Leid durch das Übertreten von Grenzen eben auch dazugehört. Ich würde nicht so weit gehen, zu sagen: „Sie WILL leiden.“ Aber manchmal könnte man den Eindruck gewinnen, dass sie nicht eben viel dagegen tut.

Ihre Aufgabe ist es, Grenzen rechtzeitig, klar und angemessen aufzuzeigen. Sie muss das Aushandeln von beidseits akzeptierten Vereinbarungen aktiv angehen. Wenn sie darauf wartet, dass der andere die Initiative ergreift, ist dieser manchmal schon auf und davon. Und sie fühlt sich wieder missverstanden. Wenn man sich aber verstanden fühlen will, muss man dem Gegenüber Gelegenheit zum Verständnis geben. Strukturierte Gesprächsmuster wie bei der Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg (GfK) können hilfreich sein, um den objektiven Sachverhalt von den überbordenden Emotionen zu trennen und dem anderen klarzumachen, was man sich eigentlich von ihm erhofft.

NEUNer (die Friedliebenden) sind die geborenen Diplomaten. Sie können sich mühelos in alle möglichen Sichtweisen hineindenken. Ihr Verständnis ist grenzenlos. Im 360 Grad-Panorama-Weitwinkel nehmen Sie jede erdenkliche Perspektive ein. Das fällt ihnen leicht. Sie neigen dazu, mit ihrem Gegenüber zu verschmelzen und wissen dann gar nicht mehr, welche Haltung sie eigentlich selbst haben. Zudem ist ihr Selbstwertgefühl von Natur aus nicht besonders stark ausgeprägt. Sie erwarten nicht, dass sich etwas in der Welt um ihre Interessen drehen könnte. Daher geben sie oft nach. Sie haben wenig Ziele und streben ihnen nicht entgegen. Insbesondere, wenn der Frieden in Gefahr wäre, lassen sie es lieber sein. Es lohnt sich ja doch nicht. So lautet ihre Grundeinstellung.

Durch ihr anpassungsbereites Wesen laden sie Menschen mit starker Willenskraft zu Grenzüberschreitungen ein. Heilsam für sie ist, wenn sie sich darüber klar werden, dass ihr so teuer erkaufter Frieden gar keiner ist. Im Herzen sind sie nämlich gar nicht „Om“. Was man von außen kaum wahrnimmt: Die NEUNer unterdrücken ständig ihre aufkeimende Wut. Bis es irgendwann nicht mehr geht. Und dann laufen sie regelrecht Amok. Sie sind wie ein Vulkan, den man für erloschen hält, weil schon länger kein Schwefelgeruch mehr entweicht. Aber da täuscht man sich. Eine gute Übung für die NEUNer wäre, ihren Ärger wahrzunehmen und zum Ausdruck zu bringen. Anzuerkennen, dass ihre schier unerschütterliche Liebenswürdigkeit grundsätzlich ehrenwert ist, aber nicht für jedermann und in jeder Lage angemessen. Es dient ihnen sehr, sich bewusst zu machen, an welchen Stellen in ihrem Leben es sich tatsächlich schon gelohnt hat, Grenzen zu setzen.

ELEMENTE-Sicht auf Grenzen

Wer von Geburt an oder durch seine Lebensumstände mit nur wenig ERDung gesegnet ist, hat es schwerer als andere, sich abzugrenzen. Das Problem beginnt schon bei der Unterscheidung, ob es sich bei der wahrgenommenen Situation tatsächlich um eine Grenzverletzung handelt oder nicht. Während ERDige Menschen über eine große innere Klarheit verfügen, was geht und was nicht, geraten andere in Bedrängnis, wenn sie definieren müssen, wo ihre rote Linie verläuft. Geschweige denn wie sie ihre Grenzen abstecken und notfalls auch verteidigen. Es fehlt ihnen der sichere Halt. Ähnlich geht es Menschen mit zu viel LUFT-Element. Beiden gemeinsam ist eine verschobene LUFT-ERDE-Achse mit absolutem oder relativem ERD-Mangel.

Ein weiteres Hindernis kann der Umgang mit dem FEUER-Element sein. In unserer Gesellschaft gilt es als unschicklich, seinen Aggressionen – auch den gesunden! – Ausdruck zu verleihen. Oft wird Aggression, also das beherzte Herangehen, Voranschreiten oder sich Wehren, mit Gewalt verwechselt. Der Irrtum ist fatal. Wir alle brauchen eine natürliche Aggression, um unsere Grenzen zu setzen, Eindringlinge abzuweisen und gut für unser Territorium zu sorgen. Leider ist es nicht einmal willkommen, wenn man benennt, dass man sich ärgert oder was einen ärgerlich macht. So verteufelt ist das FEUER in unserer Kultur. Nicht nur, aber vor allem Frauen will man gar nicht wütend erleben. Schnell haftete ihnen dann der Ruf einer Furie an. Stattdessen erwartet man, dass sie immerzu freundlich bleiben, egal wie unverschämt das Gegenüber ist. Vielleicht hat das etwas mit der christlichen Tradition zu tun, die andere Wange hinhalten zu sollen.

In einem Selbstverteidigungskurs bei der Polizei habe ich etwas ganz anderes gelernt. Nämlich, mich notfalls mit Einsatz von Gewalt gegen einen Angreifer zu verteidigen. Ich fand es sehr beruhigend, und zwar sowohl juristisch als auch weltanschaulich, dass ich als Frau einen Mann, der mich bedroht, in Notwehr töten kann, ohne dass ich mit rechtlichen Konsequenzen rechnen muss. Natürlich will ich niemanden umbringen. Aber die Dosis der Gegenwehr lässt sich nicht immer so leicht skalieren. Vor allem dann nicht, wenn man gerade in Lebensgefahr schwebt. Mir als Frau wird also zugestanden, dass ich mich wirksam zur Wehr setze. Und das würde ich bei Bedarf auch tun. Man übt in so einem Kurs Griffe und Tritte, durch die man einen großen und kräftigen Mann für eine Viertelstunde ins Nirwana befördern kann. Die Zeit reicht meist zum Entkommen.

Nein, ich würde nicht die andere Wange hinhalten. Ich würde zurückschlagen, wenn die Gelegenheit günstig ist. Und irgendwann ist sie das immer, zumindest im üblichen Vergewaltigungs-Szenario.

Klingt das befremdlich für Sie? Für mich auch. Wir sind es nicht gewohnt, dass jemand seine Wehrhaftigkeit in den Raum stellt. Dabei ist dieses Bewusstsein die beste Vorbeugung gegen Grenzüberschreitungen. Wie das?

Wenn er nicht gerade ein Psychopath ist, wählt ein Täter sein Opfer aus. Er verletzt nicht willkürlich die Grenze von irgendwem, sondern schaut, wer sich am besten als Opfer eignet: Wer erscheint schwach – körperlich, mental oder emotional? Wen kann er steuern und manipulieren? Wer wird voraussichtlich wenig Widerstand leisten? Welches Opfer hält anschließend die Klappe und bringt den Vorgang vor lauter Scham nicht zur Anzeige? Und wer steht alleine da ohne Unterstützung?

Eine wirksame Prävention ist der aufrechte Gang, eine souveräne Körperhaltung und das Regulieren von Angst. Wer insgesamt ängstlich wirkt, wird eher wahrscheinlich Opfer als jemand, der mit breitem Kreuz (egal bei welcher Statur) und erhobenem Haupt durch die Welt schreitet. Hunde wittern, wenn sich jemand fürchtet. Angstschweiß riecht anders als die Körperausscheidung bei Anstrengung oder bei Aufregung vor lauter Freude. Daher kann man regelrecht riechen, wenn jemand innerlich zittert, auch wenn das von außen nicht sichtbar ist.

Bedeutung der Vorerfahrungen

Damit kommen wir zum zweiten Teil der Eingangsfrage: Ja, es gibt Erfahrungen, die uns zu „guten“ Opfern machen. Wenn wir als Kind schon das Ziel von Angriffen waren und uns durch körperliche Unterlegenheit und physische, soziale oder emotionale Abhängigkeit schlecht wehren konnten, sind wir anfälliger für Grenzverletzungen im Erwachsenenalter. Mobbing durch Schulkameraden, die Psychospielchen narzisstischer Eltern oder anderer Missbrauch sind nur einige der traurigen Beispiele. Solche Erlebnisse prägen unsere Haltung. Leider sieht man es einigen Menschen bereits von weitem an, dass sie es schwer hatten. Sie gehen gebückt, ziehen die Schultern hoch und senken den Blick. Geübte Täter finden instinktiv ihre Opfer. Mikrobewegungen in der Mimik sowie der Klang der Stimme verraten Angst und Unterwürfigkeit.

Man kann sich das Verhalten mithilfe eines Körpersprachetrainers vielleicht ein wenig abtrainieren. Ob das zu einem authentischen Selbstausdruck führt, möchte ich bezweifeln. Während die psychischen Programme noch aktiv sind, die zu den körperlichen Auswirkungen geführt haben, sind die Ergebnisse vermutlich nicht nachhaltig und das Bemühen ist wenig erfolgversprechend. Eine körperorientierte Form der Psychotherapie wie Somatic Experiencing (SE) befreit dann die Ladungen aus dem Nervensystem und erlöst gleichzeitig die Psyche von den Traumata. Auch die Hochpotenz-Homöopathie in fachkundigen Händen kann tief im Untergrund Muster auflösen, die in der Folge von traumatischen Ereignissen entstanden sind.

Bevor Sie verzweifeln, weil Sie sich immer wieder in der Opferrolle wiederfinden: Man kann aus dem Kreislauf aussteigen. Auf einer spirituellen Ebene würde ich sagen, dass wir ein Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchten, um ganz unterschiedliche Erfahrungen zu sammeln. Wenn wir sie bewusst durchlebt haben, Verständnis und Mitgefühl für uns selbst und für andere errungen haben, können wir davon auch lassen. Möglicherweise viel leichter, als wir es zu hoffen gewagt hätten.

Mir selbst ist das so widerfahren, als ich mein Zwillingsthema aufgelöst hatte. Plötzlich war Beziehung leicht und musste gar nicht mehr der vorrangige Lebensbereich von schmerzhafter Weiterentwicklung sein.

Spezialfall alleingeborener Zwilling

Andere Problemfelder sind oft mit dem Schicksal alleingeborener Zwillinge gekoppelt. Niemand sonst würde sich beispielsweise narzisstischem Missbrauch freiwillig über längere Zeit aussetzen. Einlinge schauen sich das Spektakel an, entscheiden, dass sie so nicht leben wollen und verabschieden sind. Nach einem Zwillingsverlust jedoch erscheint einem ein Partner überaus attraktiv, der nicht wirklich in die Beziehung kommt, so wie das verstorbene Geschwister nicht wirklich ins Leben kam. Das Alleingelassenwerden durch den Narzissten ist wie eine homöopathische Dosis des Dramas von damals. Immer mit der (berechtigten) Hoffnung, heute als Erwachsener etwas besser damit umgehen zu können.

Das ursprüngliche Malheur wird durch Ähnliches kuriert, was der Grundsatz der Homöopathie ist. Das Prinzip wirkt nicht nur mithilfe von Kügelchen, sondern ebenso in der Bewältigung von schwierigen Lebenssituationen.

Wenn wir das verrstoffwechselt haben, lernen wir, unsere eigenen Bedürfnisse wahr- und ernstzunehmen, müssen uns nicht bis zur Unkenntlichkeit verstellen oder uns den Wünschen und Erwartungen anderer anpassen. Grenzen können wir zum rechten Zeitpunkt in geeigneter Weise aufzeigen und bei Bedarf verteidigen. Oder wir verlassen die Beziehung, wenn kein zufriedenstellendes Ergebnis der Bemühungen erreicht werden kann.

Das Zulassen von Wut ist ein wichtiger Schritt auf dem Genesungsweg. Sie müssen sich nicht sorgen, dass Sie jemandem die Kehle durchbeißen. Aber seien Sie auf ein bisschen FEUER-Element gefasst, wenn Sie sich für Ihre bisher unterdrückten Emotionen öffnen. Bei Bedarf – Sie ahnen es schon – können Ihnen SE-Übungen, Homöopathie sowie das Balancieren Ihrer Elemente und andere Heilweisen dabei helfen, Ihre Gefühle wohldosiert freizulassen.

PTBS als Folge von Grenzüberschreitung


Grundsätzlich ist eine Posttraumatische Belastungsstörung die Folge einer Grenzverletzung. Die Grenze der persönlichen Belastbarkeit wurde überschritten. Der Mensch hatte keine Möglichkeit mehr, sich mit seinen bewährten Methoden zu regulieren und in seine Mitte zurückzufinden. Etwas geriet nachhaltig aus dem Gleichgewicht. Sonst wäre er gar nicht erst in den Kampf-, Flucht- oder Totstell-Modus gefallen. Dieser Zustand ist für kurzzeitige Notfälle gedacht, wenn sonst keine Handlungsoption zu bestehen scheint. Biologisch ist das durchaus sinnvoll. Der Mechanismus hat zum Überleben der Menschheit beigetragen. Für den Einzelnen ist es wichtig, aus der Trauma-Reaktion wieder herauszufinden, nachdem die Bedrohung vorbei ist.

Die Kunst bei der Grenzsetzung ist übrigens, das rechte Maß zu finden. Wenn sie bisher keine oder kaum Grenzen gesetzt haben, kann man bei manchen Patienten beobachten, dass sie erst mal ins Gegenteil kippen und ein reflexhaftes NEIN als neues Reaktionsmuster etablieren. Das ist ein guter ersten Schritt. Er kann natürlich für viel Irritation im Umfeld sorgen, die dann abgefangen werden will. Später lernt man die differenzierte Reaktion.

…und keiner geht hin

Nicht auf jede scheinbare oder tatsächliche Provokation muss man mit Widerstand antworten. „Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“, war ein beliebter Spruch in meiner Jugend. Nicht jeder Einladung zur Auseinandersetzung müssen Sie folgen. Wägen Sie ab, wo der Einsatz sich lohnt.

Manchmal geht es uns ums Prinzip, wir wollen im Recht sein oder bestehen darauf, mit Respekt behandelt zu werden – in Kleinigkeiten. Wenn das das Fall ist, will vielleicht noch etwas Grundsätzliches gelöst werden. Sonst verschwenden Sie Ihrer Lebensenergie unsinnig. Und jeder Narzisst oder Psychopath kann Sie fröhlich herausfordern, wissend, dass Sie springen werden, wenn er mit dem Finger schnippt.

Geben Sie solchen Menschen keine Macht. Lernen Sie, Ihre Emotionen zu regulieren, die aktuelle Situation von Ihren früheren Erfahrungen zu unterscheiden. Was ist ähnlich? Was ist ganz anderes als damals? Dann können Sie heute kluge Entscheidungen treffen, strategisch handeln und mit Ihren Ressourcen wie Zeit und Kraft schlau haushalten.

Welche Maßnahmen Sie ergreifen können, wenn Ihre ERDung in Not ist, beschreibe ich in Teil 3 dieser Reihe. Außerdem habe ich ein paar praktische Tipps für Sie an Bord, womit Sie sich selbst helfen können aus der Schatzkiste der Bachblüten-Therapie und des Jin Shin Jyutsu.

Dieser Beitrag ist Teil 2 der Reihe „Gesunde Grenzen setzen„.

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